Strömung im Windkanal
Ludwig Prandtl 1904 - 1,5m Wasserversuchs-Kanal Bild: Nachlassverwaltung Uni Göttingen |
Das Wortbild „Strömung“ hat sich durch x-fache Wiederholung in uns eingeprägt. "Strömung" ist ein legitimer Begriff wenn es z.B. um Segelschiffe, Wasser, Rohrleitungen oder Windkraft geht. Lilienthal verwendete den Begriff Strömung noch nicht, er sprach von "Wind". Ludwig Prandtl soll ihn erstmals in die Luftfahrt eingeführt haben. Als Ingenieur entwickelte er Absauganlagen, als Professor einen Wasserkanal und später einen Windkanal. Möglicherweise nahm das Dilemma der Begriffe hier seinen Anfang.
Der Windkanal ist eine Versuchsanordnung. Darin steht das Objekt, fixiert von Halterungen mit Sensoren. Die Luftmasse wird bewegt.
Die Ergebnisse von Messungen sind ähnlich der Wirklichkeit wenn man allerhand Aufwand betreibt. I. B. geht es um die Reynolds Zahl (Re-Zahl). Ziel ist es, im Windkanal mit verschiedensten Maßnahmen, eine Re-Zahl zu erreichen, wie sie in der Realität vorkommt. Diese beschreibt das Verhältnis der Trägheits- zu den Zähigkeitskräften. Je näher man der angestrebten Re-Zahl kommt, um so realitätsnaher sind die Messergebnisse. Selten werden aus optischen Gründen Rauchfäden eingeblasen, dann sieht man die Bahn der aneinander gereihten Luftteilchen, das Bild einer stationären Strömung (Stromlinien) wird erkennbar.
Das Bild der permanenten Rauchfäden ist nicht die Wirklichkeit beim Fliegen. Solche Rauchfäden sind nicht die Flugbahn eines einzelnen Luftteilchens (welches vertikal abgelenkt wird) sondern sie sind eine Aneinanderreihung von aufeinanderfolgenden Luftteilchen.
Foto: NASA Langley Research Center Windtunnel |
In der Strömungslehre werden Stromlinien (Bahn aneinandergereihter Teilchen)
als stationäre Strömung bezeichnet. Wenn es keine Strömung gibt (die Luftmasse
also nicht in Bewegung gebracht wurde) sondern ein Flügel / Propeller /
Rotorblätter in Bewegung gebracht werden, werden die Ausgleichsbewegungen der
verdrängten Luftteilchen als instationäre Strömung bezeichnet. Das Wort
Strömung um der Strömung willen.
Wenn man am Boden Gegenwind verspürt, dann könnte man an eine Strömung glauben,
aber sobald das Flugzeug fliegt ist die TAS für den sicheren Betrieb relevant –
unabhängig wie stark der Wind ist. Im Fall, dass ganze Luftmassen sich
verschieben, ist das ganze Betrachtungssystem / Inertialsystem in Bewegung und
in diesem hat die Luft keine Geschwindigkeit sondern das Fluggerät.
Jeder Pilot weiß, dass er sich mit seinem Luftsportgerät bewegt und die Luft nahezu steht - nicht umgekehrt. Beim realen Fliegen in freier Natur kommt eine Strömung, wie sie Rauchfäden in einem Windkanal suggerieren, nicht vor, erstaunlich, dass diese rationale Erkenntnis im nächsten Atemzug sofort wieder unter geht.
Es geht also um die Wahl des richtigen Inertialsystems. Rauchfäden im Windkanal oder gezeichnete Stromlinien werden aus dem Inertialsystem Messobjekt gesehen (stationäre Strömung).
Um zu verstehen wie sich die Impulse (Luftdruck) am Flügel bemerkbar machen, ist es notwendig, dass man die Luftmasse als Betrachtungssystem wählt. Stromlinien geben nicht die Impulsrichtung wieder. Luftdruck wirkt rechtwinklig auf Flächen.
Beim Auftrieb handelt es sich in erster Linie um ein Luftdrucksystem um den Tragflügelquerschnitt. Die Verschiebungen der verdrängten und wieder zusammenfließenden Luftteilchen erfolgen im Wesentlichen vertikal. Das Flugzeug bewegt sich im Wesentlichen horizontal. Der Begriff "Strömung", welche bei Jedem eine Richtung suggeriert die der Körperoberfläche folgt, ist für die reale Bewegung der Luftteilchen irreführend (instationäre Strömung - nur weil man Strömung drauf schreibt ist noch lange keine Strömung drin).
Plausibilitätsprüfung Druckunterschied ⇐ | ⇒ Rund um's Flügelprofil